Hans Kohlhase

Hans Kohlhase muß den Angaben seiner Zeitgenossen um 1500 in einer weitverzweigten Handwerkerfamilie von Schmieden und Tuchmachern geboren worden sein. Sein Geburtshaus stand in Tempelberg bei Fürstenwalde an der Spree in der Mark Brandenburg. Hans Kohlhase lebte hier mit seinen Eltern, die Leibeigene der Grafenfamilie von Wulffen waren. Dann verliert sich sein Lebensweg im Dunkel der Geschichte. 1530 kam er nach Cölln an der Spree und erhielt durch seinen Eintrag im Bürgerbuch sein Bürgerrecht. Mit seiner Frau und seinen drei Kindern wohnte er auf der Fischerinsel, in der Fischergasse Nr. 26/27. Er war Lebensmittelkrämer und handelte mit Heringen, Honig, Gewürzen und Speck und war nicht besonders begütert, eher verschuldet und lebte auf Pump und von der Hand in den Mund; ihm gehörten auch noch Acker- und Wiesenland. Zu seinen Lebzeiten waren Cölln und Berlin noch Schwesterstädte (bis 1709) und so zählten nicht nur die Cöllner, sondern auch die Bürger aus Berlin zu seinen Kunden. Hans Kohlhase war ein rechtschaffener und ehrlicher Kaufmann, den seine Landsleute darum sehr achteten.

Auf den 1. Oktober 1532 fällt das Ereignis, das zum ersten Mal den Namen Hans Kohlhase aus seiner Anonymität hervortreten lässt: An diesem Morgen bricht er von Cölln nach Leipzig auf, wo am nächsten Tag die Michaelismesse (Herbstmesse) eröffnet werden soll. Sorgenbedrückt begibt er sich auf diese Reise. Es ist fehlende Barschaft, die ihn zwingt, seine Krämerware nach Leipzig voranzuschicken. Mit zwei Wechselpferden folgt er nach, allerdings auf einer anderen Route, um sich unterwegs noch an einen säumigen Schuldner zu halten. Er gelangte über Beelitz und Treuenbrietzen bald in das Land Sachsen, passierte nachmittags Wittenberg und gegen Abend Burg Düben. Nur drei Kilometer weiter, im Dorf Wellaune, unweit der Mulde, machte er Rast an einem Dorfkrug. Und hier beginnen die Ereignisse, die das Land Sachsen und auch später das Land Brandenburg acht Jahre in Atem halten sollen: Es gebietet in Wellaune und im nahe gelegenen Ort Schnaditz der sächsische Junker Günther von Zaschnitz auf seiner Wasserburg. Er ist gleichzeitig auch Erb-, Lehns- und Gerichtsherr auf Schnaditz und Wellaune. Hans Kohlhase werden nun vor dem Dorfkrug Wellaune auf Geheiß und Befehl des Junkers seine zwei wohlgenährten Pferde geraubt und ihm öffentlich angelastet, er hätte sie gestohlen. Als geschlagener Mann muss er den Weg nach Leipzig zu Fuß zurücklegen und verpasst dadurch die günstigsten Messetermine. Und das ist ein großes Verlustgeschäft für ihn.  Nun aber will er wenigstens seine Pferde retten und steht am 12.Okt. 1532 dem Adligen, Günther von Zaschnitz, selbst gegenüber. Dieser verlangt nun, er solle sich seine Pferde, die bei Gespanndiensten bereits ruiniert sind, durch Zahlung eines >>wucherischen<< Futtergeldes zurückkaufen. Auf Raub folgt nun Erpressung! Unverrichteter Dinge zieht er nach Hause. Im heimatlichen Cölln hatten sich seine Fehlschläge bereits herumgesprochen; von den Gläubigern bedrängt, muss er nun an sie Haus und Hof, Acker und Wiesen verkaufen. – Hans Kohlhase beginnt seinen Kampf um sein Recht. Am 13. Mai 1533 findet auf der Burg Düben der Termin gegen den Junker Günther von Zaschnitz statt. Hans Kohlhase kann beweisen, dass er seine Pferde rechtmäßig in Angermünde gekauft hat – aber trotzdem wird ihm kein Recht zuteil. Kohlhase muss erkennen, dass es ein Wagnis war, sich gerichtlich mit einem Adligen anzulegen und er beginnt nun seinen gewaltsamen Kampf um sein Recht. Trotzige, zu allem bereite Gesellen scharen sich um ihn. Anfangs packen sie nicht fest genug zu, später aber sind Raub, Brand, Verschleppung von sächsischen reichen Bürgern an der Tagesordnung. Der Mann, den die Staatsgewalt nicht angehört hatte, rächte sich nun auf diese Weise und kämpfte fanatisch, so wie früher um sein Recht, jetzt für die Vergeltung seines geschändeten Rechts. In ihm sieht das Volk den Streiter gegen die Ungerechtigkeit der Obrigkeit gegen den gemeinen Mann. Und so sagt Hans Kohlhase dem brandenburgischen Kurfürsten und dem Land Sachsen, vor allem aber Günther von Zaschnitz in Form eines Fehdebriefes den Kampf an. Sächsische Rotten werden ausgesandt, den Aufbegehrer zu fangen. Gerät einer seiner Gefährten in die Hände der Häscher, wird er gefoltert und hingerichtet. Kohlhase beantwortet seinen Tod mit noch größerer Gewalt. Nach zweijährigem Kampf bittet er in einem Brief den großen Kirchenfürsten in Wittenberg, Martin Luther, ihm zu helfen – seinen Rat will er fortan befolgen. Am 8.12.1534 antwortet ihm Luther. Er schreibt u.a.: >>... und ist ja wahr, dass euch euer Schaden und Schande billig wehe tun soll und schuldig sei, dieselbe zu retten und erhalten, aber nicht mit Sünden oder Unrecht. Was gerecht ist, wirst du gerecht zu Ende führen. ... könnt ihr das Recht nicht erlangen, so ist kein anderer Rat, denn Unrecht leiden. Demnach, so ihr meinen Rat begehret (wie ihr schreibet) so rate ich, nehmt Friede an, wo er euch werden kann, und leidet lieber an Gut und Ehre und Schaden.<< Hans Kohlhase ist sehr erzürnt und gibt sich mit der Antwort nicht zufrieden und soll verkleidet und unerkannt Martin Luther persönlich in Wittenberg aufgesucht haben. Der Reformator soll gerade zu dieser Zeit mehrere Theologen zu Besuch gehabt haben und Hans Kohlhase ist wohl der Aufforderung nachgekommen, über seine Händel offen zu sprechen. Zum Schluß seines Besuches empfing der Rebell das heilige Sakrament und versprach, gegen das Land Sachsen keine Fehde mehr zu führen. Kohlhase wird weiter gejagt. Auch in Brandenburg versucht man, ihn zu verhaften. Das arme Volk aber steht nach wie vor zu ihm. Anfang Februar 1540 begibt sich Hans Kohlhase mit dem Rest seiner Gesellen östlich von Potsdam. Im Schutz des Waldes sehen sie einem Gefährt entgegen. Am Teltower Fließ (dem heutigen Teltow-Kanal) überfallen sie den Transport und entwaffnen die Eskorte; und als sie gewahr werden, wen sie vor sich haben, gibt es ein fatales Erwachen. Es ist eine Ladung Silberbarren, die sie erbeutet haben, die in die kurfürstliche Münze am Berliner Hof gebracht werden sollte. Kohlhase konfisziert die Silberbarren und macht sich den Kurfürsten zum erbittertsten Feind. Er schickt eine Botschaft an Joachim II. nach Berlin, entweder die im Verein mit Sachsen betriebene Justizaktion einzustellen oder den Silberbarren >>Valet<< zu sagen. Die Silberbarren soll Kohlhase unter einer Brücke versenkt haben, aber bis heute hat sie dort keiner gefunden. Die Brücke aber heißt seitdem >>Kohlhasenbrücke<<. Der Rebell wird nach Berlin gelockt und stehenden Fußes lässt der Kurfürst in Berlin und Cölln die Stadttore schließen. Die Häscher kämmen jedes Haus und jede Gasse durch. Hans Kohlhases genaues Datum der Verhaftung ist uns nicht genau bekannt. Wahrscheinlich war es in der letzten Februarwoche 1540. Im Hause des Küsters von der Nikolaikirche, Thomas Meißner, wird er gefunden. Mit ihm verhaftet man natürlich auch gleich den Küster. Die Spur der übrigen Gefährten bleibt im Dunkeln. Am 22. März 1540 beginnt der Kohlhase-Prozeß. Das alte Berliner Rathaus bildet den Schauplatz. Sehr viele Berliner und Cöllner kamen, um Hans Kohlhase zu sehen, ihm seine Sympathie zu bekunden. Kohlhase und seine Mitgefangenen werden angeklagt, den kaiserlichen Landfrieden verletzt zu haben. Hans Kohlhases Selbstverteidigung bildet den Höhepunkt des Prozesses. Er nimmt nichts zurück und weiß sich immer noch überzeugt von der Gerechtigkeit seiner Sache.

Das Urteil lautet: >>... dass sie mit dem Rade durch Zerstoßen ihrer Glieder vom Leben zum Tode gerichtet und fürder öffentlich darauf gelegt werden sollen<<. Als Märtyrer stirbt er am 22. März 1540 auf dem >>Rabenstein<< in der Nähe des Strausberger Platzes.

 (Text entnommen einer Broschüre des Restaurant Kohlhaasen Krug in Wellaune.

Zur Veröffentlichung freigegeben mit freundlicher Genehmigung der Autorin Frau Christa Radatz, Berlin.)